Feels like Home? 08122010
„Und was steckt nun hinter der Wut, den Vorwürfen und allem?“ – „Sie erwarten jetzt sicher, dass ich Liebe sage. Doch ich empfinde keine Liebe mehr.“ – „Ich erwarte erstmal gar nichts. Es gibt kein Richtig und kein Falsch.“ Einige Sekunden überlege ich. Lege den Kopf wieder auf meine Finger. „Angst.“, sage ich. Der richtige Zusammenhang fehlt, baut sich erst langsam wieder auf. „Ich habe Angst.“* Therapiesitzungen waren auch schon mal besser. Beinahe ist es wie eine Prüfungssituation aus meinen Albträumen. Es wird einem vollste Konzentration abverlangt, man muss alles geben. Und in Wahrheit wird man nur verwirrter und verstörter, weil jede Antwort eine neue Frage aufwirft. „Ich habe Angst“, wiederhole ich.
„Wovor?“ Gute Frage. „Dass es das gewesen sein könnte. Dass ich die eine, die einzige Chance hatte, auf ewige Liebe und Leben und Sein. Und das habe ich vermasselt.“ – „Hm.“ Es stimmt wohl, Therapeuten finden zu allem die richtigen Worte. „Hm.“, wiederholt sie sich. Ich hätte jetzt auf ein „Ach nein, Dominik!“ gehofft oder auf ein sofortiges Kopfschütteln oder sowas.
„Hm. Und warum glaubst du das?“ Weiter gehts. „Weil die Zeit keine Wunden heilt und es immer noch so verdammt weh tut und ich nicht in der Lage bin, mich auf irgendetwas Neues einzulassen und selbst zu feige bin, um irgendwann einmal den ersten Schritt zu wagen.“ – „Hm.“ – „Und weil ich so furchtbare Angst davor habe, allein zu sein. Es ist ein furchtbares Gefühl, wenn da niemand ist, der einem die Schulter anbietet, wenn einem nach Weinen zumute ist. Und das schon seit Jahren.“
„Du fühlst dich also einsam.“ – „Nein. Nicht einsam. Manchmal genieße ich es, einmal nur etwas Zeit für mich zu haben. Ziehe mich zurück, werfe melancholische Lieder in die Playlist und mich ins Bett und lasse mich einfach nicht stören. Das ist nicht das Problem, nein. Es ist die Angst allein zu bleiben.“
„Dann wird es dir wohl auch nicht helfen, wenn ich dir sage, dass du so etwas sowieso nicht erzwingen kannst und dass es keinen Sinn macht, erwartungsvoll darauf zu hoffen. Dass es passieren wird, wenn du es am Wenigsten erwartest und du die größten Chancen hast, wenn du es schaffst, mit all dem abzuschließen.“ – „Nein, liebt gemeint, das hilft mir auch nicht.“ Die 50 Minuten sind vorüber und ich erhebe mich, öffne die große Tür und drehe mich doch noch einmal um. „Wissen sie, es ist einfach … ich lebe zwischen den Welten, bin einen Tag mal da, dann dort, und irgendwann eben hier. Ich lebe ohne Unterhalt, ohne Rückzugsort. Alles nur temporäre Unterkünfte. Dieses eine Etwas, nennen wir es Liebe, oder Zuneigung oder ganz einfach ‚ein Wir‘ würde mir etwas geben, was ich schon lange suche. Ich glaube, man nennt es … ein Zuhause, oder Heimat oder so.“